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Rezension "Sallust, Coniuratio Catilinae"

Alexandra Thalhammer, Besprechung von: Gerth, Susanne / Kuhlmann, Peter: Sallust, Coniuratio Catilinae (Reihe: Classica. Kompetenzorientierte lateinische Lektüre 5 (Hrsg.: Kuhlmann, P.) Göttingen 2014, 96 S.


In dem Lektüreheft Sallust, Coniuratio Catilinae von 2014 bereiten Susanne Gerth und Peter Kuhlmann Sallusts Monographie über den Putsch der Catilinarier im Jahr 63 v. Chr. für den Schulgebrauch. Das in der Reihe classica erschienene Heft behandelt in Auszügen sowohl die historische Thematik der Verschwörung, das Geschichtswerk im Hinblick auf seine gattungsspezifischen Merkmale sowie dessen Autor.

 

Aufbau der Ausgabe

 

Auf das Inhaltsverzeichnis folgt ein Vorwort an die Schülerinnen und Schüler, in welchem die Autoren Sallusts Text historisch grob einordnen und auf den für die Lernenden möglicherweise ungewohnten Sprachgebrauch Sallusts eingehen. Als Differenzierung erleichternde Orientierungshilfe für den Schwierigkeitsgrad eines Textes werden die Siglen A, B und C hinter den Überschriften des jeweiligen Textes angeboten und erläutert:

  • A: leicht/viele Hilfen
  • B: mittelschwer
  • C: schwierig/weniger Hilfen.

Diese Einteilung ist problematisch: Man würde viele Hilfen bei einem schwierigen Text, wenige Hilfen bei einem leichten Text erwarten. Hier liegt die Vermutung nahe, dass schwerere Textstücke durch viele Angaben zu leichteren gemacht werden sollen.

Es folgen Hinweise zu Grammatik und Vokabeln sowie ein Verweis auf die Lernvokabeln, die sich im Anhang der Ausgabe befinden. Diese sind unter den Überschriften der jeweiligen Kapitel sortiert, allerdings leider zu schlicht und wenig ansprechend gestaltet – so fehlt z.B. eine dritte Spalte mit Interlexikon ebenso wie kollokatorische Verknüpfungen.

An das Vorwort schließt sich ein Überblick über die den Lernenden zu vermittelnden Kompetenzen an, welcher in die Dimensionen Sprache, Text und Kultur gegliedert ist und durch Unterpunkte übersichtlich gegliedert ist. Die Schüler können somit schnell überprüfen, welche Leistungen von ihnen erwartet werden, und erkennen, an welchen Punkten sie womöglich noch arbeiten müssen oder Nachholbedarf haben.

Anschließend finden sich Kurztexte mit Informationen zu Sallusts Biographie, der Gattung der Geschichtsschreibung sowie Sallusts Sprache und Stil, vor deren Hintergrund und mit deren Hilfe die Lernenden die anschließenden Texte verstehen und interpretieren können.

Vor den eigentlichen Lektüreabschnitten bieten die Autoren eine nützliche und erhellende Übersicht über den Aufbau und Inhalt der coniuratio Catilinae, in der Exkurse im Werk grau hinterlegt sind und sich somit von dem Bericht über die eigentlichen Geschehnisse abheben. Das Werk wird in Sinneinheiten zusammengefasst dargeboten, die jeweils mit einer kurzen Zusammenfassung versehen sind, die einen schnellen und groben Überblick über das Gesamtwerk ermöglichen und die in der Ausgabe behandelten Abschnitte darin richtig einzuordnen helfen.

Nach dem Lernwortschatz (S. 80-94) folgen auf den letzten beiden Seiten der Ausgabe (S. 95-96) ein Überblick zu den wichtigsten Stilmitteln und deren Funktion sowie ein Namensverzeichnis.

Bei der Textauswahl wurden neben lateinischen Abschnitten aus dem Originalwerk auch antike Paralleltexte in Synopse (lat.-deutsch) oder reiner deutscher Übersetzung, wissenschaftliche Sekundärliteratur sowie Rezeptionsdokumente (wie z.B. ein Auszug aus Robert Harris‘ Titan) verwendet.

 

nach obenAufbereitung der Übersetzungstexte

 

Die ausgewählten Textstücke sind in neun Themengebiete eingeteilt, die mit jeweils zwei bis sechs Textausschnitten behandelt werden:

  • Worum geht es? ‒ Sallusts Thema (5,1-8)
  • Die Entwicklung des römischen Staates (5,9-6,7; 7,1-9,7; 10,1-6; 11,1-8; 12,1-13,5)
  • Die Verschwörer: Catilina und seine Anhänger (14,1-7; 15,1-16,3)
  • Der Beginn der Verschwörung (16,4-5; 20,2-8; 20,9-17; 22,1-3; 23,1-6; 25,1-5)
  • Umsturz und Revolution (31,1-6)
  • Der Zustand der römischen Gesellschaft (36,5-37,10; 38,1-4)
  • Die Verhaftung der Verschwörer und Senatsreden (51,1-7; 51,9-15; 51.16-24; 51,25-36; 51,37-43; 52,2-6; 52,13-18; 52,19-23; 52,24-29; 52,30-36; 54)
  • Das Ende der Verschwörung (55,2-6; 58,1-21; 61,1-9)
  • Geschichte und Geschichtsschreibung (1,1-4; 2,8-9; 3,1-3; 3,3-4,4)

Der Aufbau der Kapitel ist jeweils sehr ähnlich gestaltet: Die zu übersetzenden Textabschnitte werden fast immer durch einen kurzen vorangestellten deutschen Textabschnitt inhaltlich im Originalwerk verortet und dadurch vorentlastet.

Der ad-lineam-Kommentar, der sich immer rechts vom lateinischen Text befindet, unterstützt die Benutzer durch Angabe von Wortbedeutungen, Übersetzungs- und Konstruktionshilfen sowie knappen kulturellen Hintergrundinformationen. Allerdings fällt leider auf, dass gerade in der ersten Lektion fast jedes zweite Wort – durchweg mit hochgestellten Anmerkungsziffern versehen ‒angegeben werden muss und die Lektion damit einer „Eisbrecherfunktion“ für dieses Unterrichtswerk nicht gerecht wird. Auch nimmt die Menge an Angaben im weiteren Verlauf der Lektionen trotz höherem Schwierigkeitsgrad der Übersetzungen nicht merklich ab. Häufig werden Übersetzungen für Wörter angeboten, die ohne weiteres aus dem Deutschen (z.B. decorare, S. 26), womöglich aus anderen Fremdsprachen (z.B. venenum von engl. venom, S. 24) oder sogar aus dem erlernten Bamberger Wortschatz (z.B. gloriari von gloria, S. 40) erschlossen werden könnten. Des Weiteren werden oft Übersetzungsvorschläge expliziert, die zwar für eine zielsprachenorientierte Übersetzung im Deutschen sowie ein gutes Textverständnis dienlich sind, allerdings selbstständiges Sinn- und Bedeutungserschließen von Seiten der SchülerInnen untergraben.

Oft entspricht die Anzahl der Hilfen der Zeilenanzahl des Textes oder übersteigt diese sogar, wodurch sich im Durchschnitt mindestens eine Angabe pro Zeile errechnet. Diese Menge an Angaben steht in starkem Widerspruch zu der Tendenz in Spracherwerbslehrbüchern, Angaben auf ein Minimum zu beschränken. Dadurch könnten die Schüler u.U. demotiviert und sinnvolle Lektürearbeit gestört werden.

Nach dem Übersetzungstext schließen sich je drei bis sechs (bei einem sehr kurzen Text nur zwei) Interpretationsaufgaben an. Die Mehrzahl der Aufgaben verlangt eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem lateinischen Text und dessen Inhalt, z.B. durch die Gliederung des Textes in Sinnabschnitte, textsemantisch geprägte Suche nach Schlüsselbegriffen/zentralen Wendungen, Aufweisen stilistischer Mittel etc. Diese genaue Auseinandersetzung mit dem Originaltext ermöglicht eine Bearbeitung auf höherer Ebene, wie sie etwa durch Fragen zur Leserlenkung und der Wirkung des Textes auf den Leser eingefordert wird. Der Einbezug des historischen Kontextes ist bei diesem Werk unabdingbar und wird teilweise direkt in der Aufgabenstellung verlangt. Auch die pre-reading-Phase wird in zwei Aufgaben berücksichtigt (S. 49 und S. 51), wobei es sicher sinnvoller gewesen wäre, diese Aufgaben mit entsprechender Markierung vor den Lektionstext anstatt darunter zu setzen.

Lobend hervorzuheben ist, dass das gebotene Anschauungs- und Zusatzmaterial meist durch eine der Aufgaben ausgewertet wird und auch die kreative Auseinandersetzung mit dem Text durch freilich etwas gesucht wirkende eigene Textproduktion in Form von Dossiers (S. 71 „Die Schlagzeile des nächsten Morgens“; S. 75) oder einer Rede angestrebt wird. Rechercheaufgaben mit der Formulierung Informieren Sie sich… laden zu einer weiterführenden Beschäftigung mit dem Text ein, vertiefen die bereits gewonnenen Kenntnisse und fördern Selbst- und Methodenkompetenz. Leider lassen die Interpretationsfragen einen Gegenwartstransfer vollständig vermissen. Ebenso fehlt jeglicher Einbezug moderner Medien wie Filme oder digitaler Medien (z.B. Internet) vollständig.

Im Anschluss folgt meist ein deutscher Kurztext mit kulturellen Informationen unter der Sigle K. Hin und wieder finden sich unter der Sigle S Bemerkungen zu sprachlichen Besonderheiten und deren möglichen deutschen Übersetzungen (z.B. historischer Infinitiv), welche, wären sie dem Lektionstext vorangestellt, wohl bessere Hilfestellung in Form von sprachlicher Vorentlastung geben hätten können.

 

nach obenLayout

 

Die behandelten Texte werden meist auf Doppelseiten präsentiert, bei kürzeren Textstücken auch auf einfachen Seiten. Die Verwendung unterschiedlicher Überschriftarten und -farben unterstützt die optische Trennung des Lektionstexts von Kommentar, Interpretationsaufgaben und Zusatzinformationen. Manche Kapitel werden durch farbige Bilder (z.B. S. 27 pompejanisches Wandgemälde einer Gelageszene) veranschaulicht, die entweder durch die Interpretationsausgaben ausgewertet werden oder als bloße Illustration dienen. Fragwürdig erscheinen die nicht weiter kontextualisierten Photographien eines Rouletterades und zweier anzüglich gekleideter Boxenluder am Kühler eines Ferraris, aus deren Beschreibung die Schüler erschließen sollen, „welche Leute Catilina anzieht“ (S. 29 mit Aufgabe 1). An vielen Stellen ist aufgrund der Textmenge kein Bildeinsatz möglich, obwohl dieser wünschenswert wäre: So findet sich z.B. auf den Seiten 54-66 kein einziges Anschauungsmaterial. Auf diesen Seiten dominiert der Fließtext stark, was wiederum demotivierend auf Lernende wirken kann. Durch Reduktion des Textes oder ein größeres Ausgabenformat könnte dieses Problem behoben werden.

 

Fazit

 

Das Lektüreheft bietet im Großen und Ganzen einen fachlich soliden und didaktisch im Sinne einer Werklektüre ordentlich durchdachten Überblick über Sallusts Coniuratio sowie deren historische Umstände. Es ergibt sich für die Schüler eine ansprechende Mischung aus Übersetzungsarbeit, Lektüre von Hintergrundinformationen und (antiken sowie modernen) Paralleltexten, die nebst den Interpretationsaufgaben zu einer vertieften Auseinandersetzung anregen. Nichtsdestotrotz wären eine Überarbeitung des zu überladenen ad-lineam-Kommentars, die Ergänzung um ein Interlexikon und Kollokationen beim Vokabelteil sowie der Einbezug moderner Medien wünschenswert.