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Rezension zu "Petrulus Grammaticus. Struwwelpeter Goes Grammar"

Alexandra Thalhammer, Besprechung von: Schlosser, Franz: Petrulus Grammaticus. Struwwelpeter Goes Grammar, Bamberg 2011, 60 S.


Mit der im Buchner Verlag erschienenen Ausgabe „Petrulus Grammaticus. Struwwelpeter Goes Grammar“ möchte der Herausgeber Franz Schlosser Schülerinnen und Schülern die lateinische Sprache mit besonderem Augenmerk auf ihre Grammatik auf anregende Weise und mit bekannten Texten aus der Kinderzeit näherbringen.


Im Vorwort (S. 4) verortet der Herausgeber das Heft im 3. bzw. 4. Lernjahr. Die Wortschatzangaben in der Ausgabe beziehen sich auf Vokabeln, die nicht im Bamberger Wortschatz zu finden sind. Schwerpunkte sollen auf bestimmen grammatischen Phänomenen liegen, die in Aufgaben geübt und „eingeschleift“ werden sollen. Als zusätzliches Ziel möchte der Herausgeber mit dieser Ausgabe der latinisierten Struwwelpeter-Geschichten den alltäglichen Unterricht etwas auflockern und den Lernenden ein „etwas anderes“ Vokabular näherbringen, ganz gemäß dem Leitsatz repetitio est mater studiorum.


Aufbau und Layout der Ausgabe

An das Vorwort schließen sich folgende Kapitel an:

  • Prologus (S. 5): Imperativ / Indikativ Präsens / Konjunktiv Präsens / Indikativ Plusquamperfekt
  • 1. Petrulus Hirsutus (S. 9): Indikativ Imperfekt / Indikativ Perfekt (I)
  • 2. De Iohanne aërispice fabella (S. 11): Indikativ Imperfekt / Indikativ Perfekt (II)
  • 3. De Conrado pollicisuga fabella (S. 16): Futur 1 / Futurum periphrasticum / Futur 2 / Konjunktiv Perfekt
  • 4. De Fridecico impudico fabella (S. 25): Gerundium / Gerundivum / Konditionalsatz: Konjunktiv Imperfekt / Verneinter Imperativ: Konjunktiv Perfekt
  • 5. De venatore saevo fabella (S. 33): Ablativus absolutus (I)
  • 6. De Robertulo volante fabella (S. 36): Ablativus absolutus (II)
  • 7. De flammiferis fabella tristissima (S. 39): Konjunktiv Imperfekt nach „cum narrativum“ und „cum causale“ / Konjunktiv Plusquamperfekt im Kondizionalsatz
  • 8. De pueris denigratis fabella (S. 45): Passiv / Verba deponentia
  • 9. De Philippo sella labante fabella (S. 54): AcI
  • 10. De Casparo iuriphobo fabella (S. 57): Partizip Präsens / Perfekt / Futur


Der Aufbau der Einheiten ist immer im gleichen Stil gehalten. Am Anfang steht ein Text zu dem Grammatikphänomen, welches in der fettgedruckten Überschrift angegeben ist. Diese Überschrift ist jedoch, wenn überhaupt als solche anzusehen, die einzige Art der grammatikalischen Vorentlastung. Die Textlänge variiert, es gibt sowohl kürzere Texte mit 20 Zeilen (S. 5) sowie längere Passagen von 54 Zeilen (S. 25ff.), wobei letztere in kleinere Abschnitte unterteilt werden. Die Texte sind dabei dem Original inhaltlich teils mehr, teils weniger nachempfunden, jedoch ebenfalls in Reimen verfasst. Die Ausgabe ist mit Zeichnungen des Herausgebers illustriert.


Unter den Text(abschnitt)en befindet sich immer ein sub-linea-Kommentar, welcher lediglich Vokabelangaben bietet. Auffällig ist hier der meist große Umfang für entsprechend wenig Text, da durch die Texte teilweise ungewöhnliches Vokabular enthalten. Allerdings ist hin und wieder Wortschatz angegeben, der durchaus im Bamberger Wortschatz zu finden ist (z.B. S. 8; iuvare, S. 12: nuper etc.) oder sehr leicht abzuleiten wäre (S. 26: avia zu avus, S. 8: vestimentum zu vestis etc.). Hier hätte ein Verweis auf die bekannte Vokabel genügt, um den Schülern selbstständiges Vokabelerschließen durch Feldvernetzung zu ermöglichen und den Kommentar zu entlasten, da die vielen Angaben durchaus demotivierend wirken könnten, auch wenn auch moderne und witzige neulateinische Vokabeln eingeführt werden (z.B. S. 34: cafáeum, S. 7: televidere). Auf Konstruktionshilfen wurde gänzlich verzichtet, was jedoch durch die Kürze der Sätze, deren parallelen Bau (z.B. S. 25: ... Non abhorrebat / ab animalibus cruciandis, / a felibus male tractandis, / a muscis manu capiendis, …) und durch den Inhalt, der den meisten Lernenden bekannt sein sollte, zu vertreten ist. Verbesserungswürdig wäre an manchen Stellen die Positionierung des sub-linea- Kommentars, welcher nicht immer auf derselben Seite wie der Text abgedruckt ist (so z.B. bei S. 59f oder S. 28f) und somit die Textarbeit durch ständiges Umblättern stören kann. Illustriert werden die Texte durch Zeichnungen des Herausgebers, welche oft durch bekannte Sentenzen (sic transit gloria mundi, S. 40; oderint dum metuant, S. 25) unterschrieben sind, die teilweise auch mit einem Augenzwinkern abgewandelt wurden (O tempora, o canes!, S.26).


An den Text schließen sich nummerierte Aufgaben an, gekennzeichnet durch die fettgedruckte Überschrift „Pensa“. Die Anzahl schwankt zwischen 2 (zu 6.) und 19 (zu 7.) Aufgaben. Auffällig ist, dass keinerlei pre-reading activities geboten werden, sondern lediglich Übersetzungs- und Umformungsaufgaben, in welchen das entsprechende grammatikalische Phänomen anzuwenden ist, z.B. S. 37: „Verwende den Abaltivus absolutus“, S. 15: „Übersetze den Text“, S. 32: „Setze die Verbote aus Aufgabe 15 in den Plural!“. Hier wären vielfältigere Aufgabenformate sicherlich anregender. Der einzige Versuch der Abwechslung in der Aufgabenform wird durch Singen geboten, allerdings auf für Lernenden wahrscheinlich unbekannte Melodien wie z.B. „Stenka Rasin“ (S. 56), „We Shall Overcome“ (S. 10) oder „Auf de schwäbische Eisebahne“ (S. 60). Abgesehen von Übersetzungsarbeit mit erneut teils vielen Vokabelangaben bietet dieser Ansatz daher keinen Mehrwert. Teilweise ist auch die Anleitung zu bemängeln, die keinen klaren Arbeitsauftrag formuliert, so z.B. S. 21: „Infinitive -> Futurum periphrasticum“. Es folgt meist ein Beispiel, nach dessen Vorbild die Übung auszuführen ist.


Manchmal sind die Arbeitsanweisungen auch (teils) auf Latein formuliert, so beispielsweise auf S. 31: „Fridericus Fortunatus sortibus felicibus decies centena milia dollarium Americanorum na(n)ctus est. Quid de pecunia fecit et non fecit? Übersetze.“ Dieser auf viva Latinitas basierende Ansatz ist didaktisch sinnvoll. Allerdings befinden sich darunter Vokabelangaben zu fortunatus, sors, decies centena milia, und nancisci. Auch hier stellt sich die Frage, ob so viele Angaben nötig waren (sors ist Teil des Bamberger Wortschatzes, fortunatus leicht erschließbar), und warum nicht auch „Übersetze“ ins Lateinische übersetzt wurde, da ohnehin neulateinische Worte in der Ausgabe gebraucht werden (s.o.). Falls so viele Angaben wirklich als notwendig erachtet werden, wäre es sinnvoller, den Arbeitsauftrag gleich auf Deutsch anzubieten, um das schnelle(re) Verständnis des Arbeitsauftrages sicherzustellen.

In der Ausgabe wird auch versucht, einen Bezug zur Gegenwart der Schülerinnen und Schüler herzustellen. Neben den Texten an sich, die aus der Kindheit bekannt sein dürften, finden sich auch in den Aufgaben Anspielungen auf die eigene Zeit. So werden z.B. Elton John, Harry Potter und Mickey Maus (S. 49) neben Leonardo da Vinci und Beethoven (S. 50) miteinbezogen. Auch die Umweltproblematik (S. 51: „Übersetze unsere Umweltsünden“) findet wie die zehn Gebote (S. 32) einmal durch eine Aufgabe Beachtung. Verweise auf Mythen und Historie der Antike wurden ebenso einmal geboten (sehr geballt auf S. 50: Odysseus, Hercules, Minotaurus, Nero und die Christenverfolgung, Phaedrus). Diese wertet allerdings die Ausgabe nicht weiter aus, sodass sie durch die Lehrkraft besprochen werden müssen, um einen Mehrwert zu erzielen.


Fazit

Leider wurde der im Vorwort angesprochene Leitsatz „repetitio est mater studiorum“ zwar sehr ernst genommen, jedoch mit kaum Abwechslung in die Tat umgesetzt. Eine größere Vielfalt, vor allem bei den Aufgabenstellungen, wäre wünschenswert – nam variatio delectat!