Forum Didacticum
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Rezension "Latine loqui"

Alexandra Thalhammer, Besprechung von: Bethlehem, Ulrike: Latine loqui: gehört ‒ gesprochen ‒ gelernt. Kopiervorlagen zur Grammatikeinführung, Göttingen 2015, 80 S.

Dr. Ulrike Bethlehem unterrichtet nach Studium und Promotion an der Ruhr-Universität Bochum seit 2007 Latein und Englisch am Gymnasium Groß Ilsede. Sie ist zudem Fachobfrau und Mitarbeiterin im Netzwerk Latein und Griechisch der Landesschulbehörde Niedersachsen. Mit der Handreichung Latine loqui: gehört ‒ gesprochen ‒ gelernt. Kopiervorlagen zur Grammatikeinführung bietet die Autorin Latein auf natürliche Weise als gesprochene Sprache an und macht den Ansatz des latine loqui für die Spracherwerbsphase nutzbar. Die Kapitelinhalte des Materials sind für das erste Lernjahr passend.

Aufbau und Layout der Ausgabe

Das Inhaltsverzeichnis der Ausgabe gliedert sich wie folgt:

Didaktisch-methodische Einführung (S. 6)

Material zur Grammatikeinführung:

  • Die Formen von esse ‒ Kennenlernen (S. 10)
  • Der Vokativ ‒ Begrüßung (S. 13)
  • Der Imperativ - Aufforderung im Klassenzimmer (S. 14)
  • Der Nominativ: Singular und Plural ‒ Bildbeschreibung (S. 19)
  • Der Akkusativ ‒ Was sehe ich? (S. 25)
  • Der Akkusativ mit Präpositionen (S. 35)
  • Der Ablativ mit Präpositionen (S. 41)
  • Der Genitiv ‒ Wessen Toga ist das? (S. 45)
  • Der Dativ ‒ Was schenke ich wem? (S. 56)
  • Der AcI (S. 63)

Material zur Wortschatzeinführung:

  • Klassenraumvokabular (S. 71)
  • Wortschatz zum Thema „Seefahrt“ (S. 74)

Material zum Download: Download-Code für E-Book und Zusatzmaterial (S. 80)

Daran anschließend liefert die didaktisch-methodische Einführung zunächst eine Art Apologie für den Ansatz des latine loqui, für das Sprechen einer angeblich ‚toten Sprache‘. Strukturiert wird diese durch die Leitfragen „Dürfen wir das?“, „Ist das sinnvoll?“ und „Können wir das?“, welche die Autorin allesamt bejaht. In ihrer Begründung bezieht sie sich dabei v.a. auf die Kommunikationsorientierung der (modernen Fremd-)Sprachen, in denen „Hören und Sprechen so konstitutive Elemente [sind] […], dass eine Begründung ihrer Anwendung im Sprachunterricht obsolet erscheint“ (S. 6), sowie die natürliche Prädisposition zum inhaltsbezogenen und eben nicht bloß grammatizistischen Spracherwerb nach Chomsky (S. 7). Darauf folgt eine Erklärung zu dem in der Ausgabe angewandten methodischen Dreischritt: Rezeption ‒ Reproduktion ‒ Produktion, welche sich durchgängig in den Sequenzen als Phase 1, 2 und 3 wiederfinden lässt. Am Ende stellt die Autorin heraus, dass die dargebotenen Materialien lehrbuchunabhängig sind und schließt mit der Aufforderung: „Werfen Sie ängstlichen Perfektionismus über Bord und folgen Sie Quintilian: Lusus hic sit! “ (S. 9).

Jede Sequenz beginnt mit einer Einleitung, die auf eventuell vorhandene Ähnlichkeiten zwischen dem lateinischen Phänomen und der deutschen oder englischen Sprache (S. 19: „Aus dem Englischen […] ist den Schülern bereits bekannt, dass Singular und Plural anhand der Endung zu unterscheiden sind“) sowie auf mögliche Probleme (S. 35 zum Akkusativ mit Präpositionen: „Positionsbeschreibungen [wie sie im modernen Fremdsprachenunterricht genutzt werden] würden im Lateinischen zu einer für Schüler irritierenden Mischung aus Akkusativ und Ablativ führen, die den Spracherwerb eher erschweren dürfte“) aufmerksam macht. Ebenso finden sich kurze Erläuterungen zu Besonderheiten sowie der Eignung des Phänomens für den Ansatz des latine loqui (S. 10 zu den Formen von esse, die durch gegenseitiges Vorstellen geübt werden sollen: „Die Begrüßung funktioniert gerade in zusammengesetzten Lateinklassen mit den echten Schülernamen, weil die Kennenlernsituation dort ganz authentisch ist“). Dann wird ein Ziel für die jeweilige Einheit formuliert, welches durch graue Hinterlegung sofort für die Lehrkraft ersichtlich ist. Nun folgen je nach Bedarf diese Abschnitte:

  • Material
  • Vorbereitung
  • Aktion (Mit den eingangs genannten verschiedenen Phasen: 1. Phase: Präsentation/Demonstration/Rezeption, 2. Phase: Reproduktion, 3. Phase: Produktion)
  • Alternativen/Varianten/Erweiterung/Weitere Möglichkeiten
  • Tipps (ebenfalls grau hinterlegt und dadurch schnell vom restlichen Text zu differenzieren)

Hin und wieder werden verschiedene Vorschläge zur Einübung des gleichen Phänomens geboten, z. B. zu Kapitel 7, Ablativ mit Präpositionen (S. 41-44): Vorschlag 1: Handclap skit, „ein einfaches Bodypercussion-Spiel“, dessen Sinnhaftigkeit dunkel bleibt, Vorschlag 2: Verabredungen: Wo mit wem? Als Material werden z.B. laminierte Namensschilder gebraucht, oft ist Material (z.B. Folien, Tandemkarten) zum Download zur Verfügung gestellt bzw. bereits im Heft als Kopiervorlage vorhanden. Dadurch hält sich der Vorbereitungsaufwand für die Lehrkraft im Rahmen und einmal erstelltes Material kann wiederverwendet werden.
Zur Vorbereitung sollen die Lernenden oft in Gruppen eingeteilt werden oder auch Tische/Stühle im Klassenzimmer neu angeordnet werden, was sich meistens und relativ schnell umsetzen lassen sollte. Insgesamt ist die Ausgabe dadurch sehr auf Arbeits- und Zeitökonomie bedacht.
In der ersten Phase (Demonstration) wird die jeweilige Aktion durch die Lehrkraft erklärt (z.B. Kapitel 4, Der Nominativ: Singular und Plural, S. 21: „Die Lehrkraft nennt und zeigt dabei Elemente der Folie 1 (forum meridie) im Singular und Plural“). Dann sollen die Schülerinnen und Schüler in der Reproduktionsphase das Gezeigte umsetzen (ebd.: „Die Schüler reagieren nun auf richtige und falsche Feststellungen mit ‚Ita‘ […] oder ‚Minime‘ ), und es schließlich in der Produktionsphase selbstständig anwenden (ebd.: „Die Schüler beschreiben eine veränderte Bildfolie [Folie 2: forum noctu]“).
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Aufgabentypen oft ein großes motivationales Potential haben, da sie durch einen natürlich hergestellten Gegenwartsbezug an die Lebenswelt der Schüler anknüpfen, z.B. Verkaufsgespräche (S. 32) oder auch das ‚Kofferpacken‘ für Generation Facebook: cui placet? (S. 60); auch die Idee des Lesetagebuchs (S. 70), das aus dem Deutsch- oder Englischunterricht bekannt sein dürfte, holt Latein als Sprache ganz subtil in die Gegenwart. Neben der visuellen wird auch oft die auditive Rezeption, so z.B., wenn ein Weg durch Rom vorgelesen wird und die Schüler das Ziel benennen müssen (S. 38), und sogar die Kinästhetik bedacht, z.B. beim Üben des Ablativs durch Ballzuwerfen (S. 42). Durch die vielfache Einsatzmöglichkeit von Tandemkarten wird ein fehlerfreies Üben auch ohne Lehrkraft gewährleistet, welches auch nach Leistungsniveau differenziert werden kann.

Downloadmaterial

Das auf der Website des Verlags zu findende Material wird großteils sowohl als PDF- als auch als Word-Datei zur Verfügung gestellt. Dadurch ist es abänderbar und bietet der Lehrkraft die Möglichkeit, ggf. Vokabeln auszutauschen oder die Schwierigkeit anzupassen. Das Material setzt sich v.a. aus Tandemkarten und Bildfolien zusammen, seltener werden Arbeitsblätter geboten. Die Codes für den Download des Materials sowie zu einer E-Book Version sind auf der letzten Seite des Heftes abgedruckt.

Fazit

Insgesamt bietet dieses Heft motivierende, gut durchdachte Ideen, um den Schülerinnen und Schülern im Anfangsjahr Latein als gesprochene Sprache näher zu bringen. Durch das angebotene Material ist der Aufwand für die Lehrkraft überschaubar, und dennoch ist die Möglichkeit, das Material abzuändern und dadurch den Schwierigkeitsgrad anzupassen, gegeben. Für Lehrkräfte allerdings, die nicht gerne mit Tandemkarten arbeiten, bietet das Heft eher weniger Material, dafür zahlreiche andere Ideen zur Umsetzung des latine loqui.