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Rezension "Janosch: De musicis Bremensibus"

Patrick König, Besprechung von: Janosch: De musicis Bremensibus. Die lateinische Ausgabe des Stadtmusikanten-Märchens (übersetzt von Berit Wenderhold), Bremen 2019, 52 S.

Anlässlich des 200. Jahrestags der Erstveröffentlichung, der von den Brüdern Grimm 1819 in die 2. Auflage ihrer Sammlung von Kinder- und Hausmärchen aufgenommenen Erzählung „Die Bremer Stadtmusikanten“ liegt nun - erschienen im Verlag Editio(n) Temmen - die von Janosch (bürgerlicher Name: Horst Eckert, geb. 1931) neu bearbeitete Version des Märchens nach bzw. neben u. a. Englisch, Spanisch, Griechisch und Arabisch auch in lateinischer Sprache vor.

Dem eigentlichen Inhalt des von der Bremer Lateinlehrerin und Mitverantwortlichen für die auf Radio Bremen Zwei ausgestrahlten „Nuntii Latini“ Berit Wenderhold übersetzten Bands ist ein „Vocabularium“ vorangestellt, das verschiedene Lemmata bzw. Kollokationen (mit kleinen Ungenauigkeiten) in der Reihenfolge ihres Vorkommens im Text auflistet. Es umfasst dabei neben gängigen Vokabeln und Wendungen der lateinischen Klassik (z.B. diem de die [Tag für Tag]; priscus, a, um [alt, altehrwürdig]; imbres m.pl [Regenwetter]) und ebenfalls belegten, wenn auch wohl weniger bekannten bzw. der Fachsprache entnommenen Wörtern (z.B. serra f [die Säge]; proiectura, ae f [die Fensterbank]; sura, ae f [die Wade]; ramentum sulphuratum [Streichholz, Schwefelhölzchen]) auch einige neulateinische oder sogar gänzlich neu gebildete Bezeichnungen und Formulierungen (z.B. miagolare [miauen]; fringilla Canaria f. [Kanarienvogel]; husaro, husaronis m [Husar]; chiliometrum [Kilometer]). Dabei bleiben trotz dieser Ausführlichkeit einzelne Begriffe und Wendungen, wie statio ferroviaria [Bahnhof], farcimen [Wurst] oder in ramalia eniti [in die Baumkrone klettern], die noch zusätzlich in das „Vocabularium“ aufgenommen werden könnten. Die Auswahl der lateinischen Vokabeln und die deutschen Bedeutungen vermitteln den Eindruck, dass mit viel Umsicht primär eine möglichst genaue und wortgetreue Übertragung der von Janosch verfassten Texte und deren sprachlich prägnanten Formulierungen (z.B. ut centum dies imbrium [wie hundert Tage Regenwetter]) angestrebt, dabei andererseits aber u. a. durch die teils beigefügten Erklärungen auch der Rückbezug auf das klassische Latein gewahrt wurde (beispielsweise durch Erläuterungen zur Wortbildung: „saccicarius, i m Sackträger [in Anlehnung an lecticarius = Sänftenträger]“). Doch wird insgesamt der humorvollen Übersetzung mehr Bedeutung zugemessen als einer strengen Klassizität, sodass der Esel mit seinem pes posterior [Hinterlauf] die pars posterior [Hinterteil] des Räubers Gregorius treten und der Hund über den reich gedeckten Tisch id nobis bene conveniret [das wäre etwas für uns] sagen kann.

Den Kern des Buchs bilden Janoschs Rezeption des Grimm’schen Märchens und dessen Illustration, wobei die teils vorhanden deutschen Beschriftungen (z.B. ein Teppich mit der Aufschrift „Guten Morgen, lieber Tag“) verständlicherweise unverändert bleiben. Gerade durch diesen festen Kern aber vermag der Band zu zeigen, dass das Lateinische auch neue, moderne Inhalten ansprechend, humorvoll und unterhaltsam transportieren und dabei sogar selbst seine Möglichkeiten zum kreativen Umgang mit Sprache und Kultur unter Beweis stellen kann: Denn nur auf Latein kräht der Hahn Ciceroci.

Link zu Nuntii Latini (Radio Bremen Zwei):
https://www.radiobremen.de/bremenzwei/rubriken/latein/latein-startseite100.html