Alte Münze
(Hofgraben Nr. 4)
Franziska Wagner
Inschrift auf dem Giebel:
MONETA REGIA | Königliche Münze |
- Material: vergoldete Kupferbuchstaben
- Datierung: 1809
Sprachliche und mythologische Erläuterung der Inschrift und des Giebelreliefs
Auf dem Eingangsrisalit prangen in vergoldeten Kupferlettern die Worte MONETA REGIA, links und rechts davon sieht man jeweils einen Blattkranz. Darüber befindet sich ein Relief mit drei Matronen, die jeweils ein Füllhorn in der linken und eine Waage in der rechten Hand halten.
Das Gebäude erhielt die Aufschrift im Zuge des Umbaus, der im Jahre 1809 vollendet worden war, als es zum Standort der Königlichen Münze wurde. Darauf verweisen auch die römischen Zahlzeichen über dem Eingangsportal, denn bei der Jahreszahl MDCCCIX handelt es sich eben um das Jahr, in dem der Umbau abgeschlossen war:
Das Wort "REGIA" leitet sich her von lat. rex, regis - der König und bedeutet königlich. Das Wort "MONETA", das sich in der deutschen Sprache über das althochdeutsche muniza schließlich zu Münze entwickelte, hatte aber ursprünglich eine ganz andere Bedeutung. Abgeleitet von dem Verb monere - ermahnen, erinnern, war es in römischer Zeit ein Beiname der Göttin Juno, der Frauengöttin, die zunächst als Göttin der Fruchtbarkeit und der Ehe verehrt wurde, und bedeutete so viel wie "Warnerin" (vor großer Gefahr etwa). Woher genau sie diesen Beinamen hatte, weiß man nicht sicher. Nachdem aber aus dem Jahre 344 v. Chr., in dem ihr ein Tempel geweiht wurde, auch der Aurunkerkrieg überliefert ist, könnte man hier einen Zusammenhang herstellen: nach römischem Glauben verdankte man es der Juno, dass der Krieg für Rom gut ausging. (Der Dictator Lucius Fulvius Camillus hat, wie Livius berichtet (VII, 28,4) im Jahre 345 v. Chr. den Tempel gelobt und ihn im darauffolgenden Jahr eingeweiht). Juno wurde auf dem nördlichen Hügel des Mons Capitolinus, der sog. Arx (Burg), der höchsten Stelle Roms, neben Minerva und Jupiter (kapitolinische Trias) als Schutzgöttin der Stadt Rom verehrt. Seit dem Jahr 390 v. Chr. waren ihr die Gänse heilig, die die Römer damals vor einem Galliereinfall warnten und somit zumindest die Burg retteten (Liv. V,47, 4).
Nun befand sich eben im Tempel der Juno Moneta seit dem Jahr 286 v. Chr. die römische Münze, und im Laufe der Zeit wurde dann der Beiname der Göttin auf die Münzstätte allgemein übertragen, da das Standbild der Göttin mit dem Standort der Münze zusammenfiel. Man kann sich vorstellen, dass man damals sagte "ad Monetam ire" - zum Tempel der Juno Moneta, aber gleichzeitig eben auch zur Münze gehen - und dass diese Bezeichnung schließlich auch auf die Prägestätte übertragen wurde. So hießen die 3 Münzmeister, die dort für Recht und Ordnung sorgten, auch triumviri monetales auro, argento, aeri flando feriundo. Das Wort Moneta ging daraufhin entsprechend auf das dort gemünzte Geld über und hat sich dann in mehreren Sprachen in dieser Bedeutung erhalten. Im Englischen entstand money, im Französischen monnaie, im Deutschen ahd. muniza und schließlich Münze, wobei auch heute in der Umgangssprache nicht selten von Moneten die Rede ist.
Juno wurde also im römischen Glauben neben der Schutzfunktion über die Stadt später auch die Aufsicht über die Geldgeschäfte übertragen. Darstellungen auf römischen Münzen zeigen häufig diesen Typus der Juno-Moneta-Aequitas, eine Frau mit einem Füllhorn und einer im Gleichgewicht befindlichen Waage, die für die gerechte Verteilung von Gütern steht und somit eine Personifikation der Aequitas, der Billigkeit und Rechtlichkeit, darstellt. Damit wird auf das Prinzip der Ausmünzung bei der Geldherstellung bezuggenommen. Das Füllhorn symbolisiert Fülle, aber auch eine segensreiche Regierung des Münzmeisters. Auf vielen Münzen kann man aber auch dasselbe Bild vorfinden, das sich uns hier am Giebelrelief der Alten Münze in München bietet, der Dreiverein der Monetae, stellvertretend für die drei verschiedenen Münzarten Kupfer, Silber und Gold.
Die Prägekunst wurde in der Antike personifiziert: Man hatte einen Gott des Kupfergeldes, Aeskulanus; dessen Sohn Argentinus war der Gott des Silbergeldes; auf das Silbergeld folgte das Goldgeld, dessen Gott man Aurinus nennen könnte. In Rom gab es erst Kupfermünzen, ab dem Jahr 286 v. Chr. Silbermünzen, und seit der Kaiserzeit auch Goldmünzen. Auch in der Antike wurden diese drei Münzarten schon durch drei Matronen mit Waagschalen und Füllhörnern dargestellt, und so ist auch das Relief über dem Eingang der Alten Münze zu verstehen: "Die drei Frauen stellen das Prinzip der Ausmünzung von Kupfer, Silber und Gold dar" .
Kunsthistorische Einordnung
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und noch weit in das 19. Jahrhundert hinein war die europäische Kunst geprägt von der von Rom ausströmenden klassizistischen Bewegung, deren Ausprägungen zwar sehr vielseitig sind, jedoch haben alle Werke dieser Epoche eines gemeinsam: "ein bewußtes Wahrnehmen und eine willentliche Verwendung antiker Kunst" . Man griff also bewußt auf antike Vorbilder zurück und erweckte damit die Größe der griechischen und römischen Antike zu neuem Leben.
Der Hofbauintendant Andreas Gärtner bzw. die Bildhauer Franz Schwanthaler oder Joseph Kirchmayer - wer es letztendlich war, ist nicht sicher - mußten auch von dieser Bewegung mitgerissen worden sein, als sie 1808/09 von weiß-blauen Rautenmustern oder einer Ehrung des neuen Königs Max I. Joseph absahen und auf die römische Mythologie und Sprache wiederaufgriffen, um damit der Hauptfassade des königlichen Hauptmünzamtes wie sie uns heute noch erhalten ist eine kunstvolle Gestaltung zu verleihen.
Geschichte des Gebäudes
Das Gebäude am Hofgraben Nummer 4, in dem sich heute das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege befindet, hatte im Laufe der Geschichte mehrmals den Besitzer gewechselt, zum letzten Mal am 31. Juli 1986, als es der damalige Bayerische Staatsminister der Finanzen Max Streibl dem Bayerischen Amt für Denkmalpflege übergab. Es trägt noch immer die Aufschrift "MONETA REGIA", zu deutsch "Königliche Münze". Hinter dieser Fassade verbarg sich also früher die Stätte, in der die Zahlungsmittel des Königreiches hergestellt wurden. Vor der Gründung des Bayerischen Königreichs im Jahre 1806 waren darin der herzögliche Marstall und die Kunstkammer Herzog Albrechts V., "das älteste große Museum Bayerns" , untergebracht.
Der Marstall wurde von 1563 bis 1567 von Herzog Albrecht V. zwischen dem Alten Hof und der Residenz errichtet, mit denen er durch gedeckte Gänge verbunden war. Wie kommt es aber, dass jetzt der Marstall an einem anderen Ort steht und sich im Hofgraben Nummer 4 über dem Eingangsportal die Aufschrift MONETA REGIA läßt?
Als 1807 der Oberstallmeisterstab für den Hofmarstall einen günstiger gelegenen Neubau östlich der Residenz an der Stelle des Zeughauses anstrebte und der Marstall 1809 unter König Max I. Joseph (1806-1825) hinter die Residenz, in die von Leo von Klenze gebaute Reitschule verlegt worden war, setzte Léprieur, der Leiter der Münze durch, dass das Gebäude zum Hauptmünzamt umfunktioniert wurde. Alle alten Münzgebäude wurden wegen Einsturzgefahr um 1832 demoliert. Der Umbau, der 1809 abgeschlossen war, und in dessen Rahmen die heute noch erhaltene klassizistische Hauptfassade entstand, erfolgte nach Plänen des Hofbauintendanten Andreas Gärtner, dem Vater des berühmten Friedrich Gärtner, und des Direktors des Münzamtes Heinrich Joseph von LePrieur (Léprieur); Bauinspektor war Franz Thurn.
Lange Zeit wurde an diesem Ort das königlich-bayerische Geld fabriziert, die Einrichtung wurde noch um einige Gebäude erweitert, 1876/77 und um die Jahrhundertwende renoviert. Im 19. Jahrhundert wurde der Münzhof fälschlicherweise des öfteren auch als Turnierhof bezeichnet.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs waren ca. 70 % der Alten Münze mit ihren verschiedenen Gebäuden zerstört. Am Hautgebäude waren die Arkaden des Münzhofs stehengeblieben, die nördliche Hälfte war großteils zerstört, nur der Südflügel war einigermaßen erhalten. Erst Ende 1952 war das Gebäude vollständig wiederhergestellt.
In den Jahren 1983 - 86 wurde an der Zamdorfer Straße ein Neubau errichtet, in den das Hauptmünzamt dann umzog, nachdem der damalige Finanzminister Max Streibl die Alte Münze dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege übergeben hatte. Im September 1987 begann man daraufhin mit dem Umbau, der bis 1996 dauerte und ca. 30 Mio DM - ein unvorstellbar großer Haufen von Münzen ! -kostete. Seitdem werden die alten Räume der Prägestätte für archäologische Zwecke, für Photo-, Labor- und Restaurationsarbeiten und vieles mehr genutzt. Auch die Bibliothek des Landesamts für Denkmalpflege bekam 1990 dort ihren Platz.
Abschließend wurden zwischen 1994 und 95 noch der Arkadenhof restauriert und das Haupttreppenhaus fertiggestellt, in dem sich heute die Fragmente des Gußmodells von Christian Rauch für die Statue des ersten bayerischen Königs Max I. Joseph befinden, die wir auf dem Max-Joseph-Platz (vor der Oper) bewundern können.