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Rezension "Auf Messers Schneide"

Roman Eisner, Besprechung von: Friedrich Maier: Auf Messers Schneide, Historische Wendepunkte in der Antike, Bamberg 2010 (Reihe „Antike und Gegenwart“)

Mit „Auf Messers Schneide, Historische Wendepunkte in der Antike“ als neuem Band der Reihe „Antike und Gegenwart“ legt Friedrich Maier eine Zusammenschau von Texten vor, die von insgesamt sechs epochemachenden Ereignissen der Antike und den dahinterstehenden Persönlichkeiten berichten. „Das Ziel dieser Lektüre sollte nicht nur sein, diese bedeutsamen Wendepunkte der Geschichte (…) sich als Elemente der Allgemeinbildung anzueignen und sich in der Phantasie auszumalen, was geworden wäre, wenn in einer brisanten Situation die Entscheidung für das Gegenteil getroffen worden wäre. Es sollte vor allem darum gehen, die bisher erworbenen Lateinkenntnisse an inhaltsträchtigen und sinnvollen Texten zu üben, zu vertiefen und zu erweitern“ (Maier S. 5). So will Maier die Schüler mitnehmen auf eine chronologisch angeordnete Lesereise durch die Antike und dabei zeigen, warum ein bestimmtes Ereignis – meist verknüpft mit einer historischen Person wie etwa Hannibal – ausschlaggebend war für die nachfolgende Zeit und nicht nur von Zeitgenossen, sondern auch von späteren Historikern bis in die Neuzeit als Epocheneinschnitt wahrgenommen wurde. Durch leicht lesbare Texte (v.a. Nepos und adaptierte Auszüge z.B. von Livius) wurde zudem auf gelungene Weise ein Trainingsfeld für Schüler am Anfang der Lektürephase erstellt.

Flankiert werden die lateinischen Texte von griechischen Texten in deutscher Übersetzung (v.a. Plutarch), Äußerungen von Historikern sämtlicher Jahrhunderte (z.B. Christian Meier und Hermann Bengston), Auszügen aus historischen Romanen (v.a. Robert Paynes „Der Triumph der Griechen“) und von Bildern und Gemälden, welche die jeweilige historische Situation rezipieren. Diese Begleitmaterialien sind behutsam ausgewählt und sollen einen tieferen Zugang und eine eingehendere Beschäftigung mit dem Thema fördern. Im Anhang finden sich neben einem Wortschatz, einem Verzeichnis weiterführender Literatur und einem Personen- und Sachregister auch weitere Informationen zu den Autoren, dem historischen Grundwissen und den literarischen Gattungen, die in diesem Band vorkommen.

An den Anfang seiner Zusammenschau stellt Maier die beiden Persischen Kriege 490 und 480 v. Chr. („Die Perser kommen!“), wofür er die Miltiades- und Themistocles-Viten des Cornelius Nepos heranzieht. Die Zeit der Demokratie und den Peloponnesischen Krieg in einem Informationstext überbrückend eröffnet Maier mit „Die Freiheit auf der Flucht“ seine zweite Station im Überblick der historischen Wendepunkte, wobei sich dieses Kapitel ausschließlich an die Thrasybulos-Vita des Nepos hält und den Sieg des Thrasybulos über die Dreißig Tyrannen 403 v. Chr. und die Wiederherstellung der Demokratie thematisiert. Über die Rachegelüste Alexanders bezüglich der Zerstörung Athens durch die Perser schlägt Maier die Brücke zu seinem nächsten Kapitel „Der Knoten zur Weltherrschaft“. Maier lässt Curtius Rufus in seinen Historiae Alexandri Magni über die Zerschlagung des gordischen Knotens und die anschließenden Kriegszüge Alexanders des Großen berichten.

Einen gewaltigen Sprung von der griechisch-hellenistischen zur römischen Geschichte unternimmt Maier mit der Überleitung vom dritten zum vierten Kapitel („Der schwarze Tag“). Aurelius Victor (de viris illustribus urbis Romae) und Livius (Ab urbe condita) berichten abwechselnd über die Niederlage an der Allia 387 v. Chr., den Einmarsch der Gallier und die berühmten kapitolinischen Gänsen, die der Sage nach den Angriff auf das Kapitol verhindert und damit Rom vor dem Untergang bewahrt haben. Über 150 Jahre danach steht den Römern die nächste Katastrophe bevor, die zum Thema des vorletzten Kapitels „Hannibal vor den Toren“ gemacht wurde. Über den zweiten Punischen Krieg 218 bis 201 v. Chr. berichten Livius’ Ab urbe condita  und Nepos’ Hannibal-Vita. Das letzte Kapitel dieses schmalen Bandes widmet sich dem römischen Machtmenschen schlechthin, Iulius Caesar. „Ein Flüsschen – Anlass zum ‘Weltkrieg’“ vereint Texte aus Suetons Caesar-Vita, die sich mit dem Beginn des römischen Bürgerkrieges 49 v. Chr. beschäftigen. Bis auf einen kurzen Auszug aus de bello civili kommt der Hauptprotagonist dieses Kapitels leider gar nicht zu Wort, obwohl er doch der einzige der epochemachenden Persönlichkeiten ist, der uns Texte hinterließ, die zudem auch noch von Schülern der angestrebten Zielgruppe gelesen werden können. Hier wird den Schülern leider die Möglichkeit verwehrt, mit einer so berühmten Persönlichkeit auch in den persönlichen Dialog treten zu können.

Am Ende steht ein schneller (insgesamt 76 Seiten für knapp 500 Jahre), aber auf alle Fälle abwechslungsreicher und informativer Durchlauf durch die antike Geschichte bis zum ersten Jahrhundert v. Chr. Auf meist gelungene und für Schüler einleuchtende Art und Weise schafft Maier die Verknüpfung der einzelnen Kapitel und damit der großen historischen Ereignisse. Durch reiches Begleitmaterial und gut ausgewählte Texte schafft es dieser Band, den Schülern die Kontinuitäten und Brüche in der antiken Geschichte klarzumachen. Eine Hürde v.a. für das bayerische Gymnasium dürfte möglicherweise die problematische Anwendungsmöglichkeit dieses Bandes darstellen. Eher ungeeignet für die Teillektüre – da sich die großen Zusammenhänge ja nur in einer ganzheitlichen Lektüre dieses Bandes ergeben – ist der Band eher schwer mit demLehrplan des bayerischen G8 in Einklang zu bringen. Zwar lassen sich viele der Autoren (Nepos, Curtius Rufus, Sueton, Caesar) und Themen problemlos in der Sequenz „Macht und Politik“ der neunten Jahrgangstufe verorten, aber der sprunghafte und großschrittige Charakter von Maiers „Auf Messers Schneide“ lässt sich wohl eher schwer mit dem Ziel dieser Lektüresequenz vereinbaren, historische Persönlichkeiten und v.a. auch Caesar genauer und detaillierter kennenzulernen. Wer allerdings Zeit für die Lektüre dieses Bandes findet – vielleicht auch in der Phase der Übergangslektüre – und Schülern gerade am Anfang ihrer Lektürephase einen Überblick über die antike Geschichte vermitteln will, ist mit diesem Band bestens beraten.